Gewährleistungsansprüche nach Abnahme gem. § 13 VOB/B

1. Voraussetzungen

Der Auftragnehmer ist gem. § 13 Nr. 1 VOB/B verpflichtet, seine Leistungen im Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen, d.h. - wie bereits dargelegt - die Leistung muss die vereinbarte Beschaffenheit haben und den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

Gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B ist der Auftragnehmer verpflichtet, alle während der Gewährleistungsfrist auftretenden Mängel zu beseitigen. Die Mangelbeseitigungsaufforderung des Auftraggebers sollte nicht nur zu Beweiszwecken schriftlich erfolgen, sondern auch um die Regelfrist des § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B in Gang zu setzen. Auch hier gilt, dass die Frist angemessen sein muss, d.h. die Frist muss so bemessen sein, dass ein ordnungsgemäßer Auftragnehmer die gerügten Mängel innerhalb der Frist beseitigen kann. Läuft die gesetzte Frist fruchtlos ab, stehen dem Auftraggeber entweder ein Selbsthilferecht oder ein Kostenvorschussanspruch für die durchzuführenden Mangelbeseitigungsarbeiten zu und gegebenenfalls auch ein Schadensersatzanspruch. Die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs werden nachstehend noch dargelegt.

2. Unzumutbarkeit/Unmöglichkeit/ Unverhältnismäßigkeit

2.1 Unzumutbarkeit

Gemäß § 13 Nr. 6 VOB/B besteht die Möglichkeit, dass die Beseitigung des Mangels für den Auftraggeber unzumutbar ist. Beruft sich der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer darauf, dass die Mangelbeseitigung für ihn unzumutbar ist, kann er die Vergütung entsprechend mindern bzw. im Falle der vollständigen Auszahlung den Minderungsbetrag einfordern. Es handelt sich hierbei um einen Ausnahmefall, der auch nur in eng umgrenzten Fällen in Betracht kommt.

Grundlage dieser Möglichkeit des Auftraggebers, sich auf die Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung zu berufen, ist § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben). Grundvoraussetzung in diesem Fall ist, dass keine der beiden anderen in § 13 Nr. 6 VOB/B geregelten Fälle vorliegt, d.h. die Mangelbeseitigung muss objektiv möglich sein und darf keinen unverhältnismäßigen Aufwand nach sich ziehen. Ein derartiger Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Auftraggeber Erwerber einer Eigentumswohnung ist, die er zwischenzeitlich weiterveräußert hat, wobei er bei dem Verkaufspreis die Mängel berücksichtigt hat, d.h. der Preis wurde entsprechend reduziert (OLG Frankfurt, BauR 1991, S. 516).

2.2 Unmöglichkeit/Unverhältnismäßigkeit

Nach § 13 Nr. 6 VOB/B besteht auch die Möglichkeit, dass der Auftragnehmer (anders als der Fall der Unzumutbarkeit für den Auftraggeber) sich darauf beruft, dass die Mangelbeseitigung objektiv unmöglich oder aber unverhältnismäßig ist. Für die Frage der Unmöglichkeit ist nicht auf den betroffenen Auftragnehmer abzusetzen, sondern objektiv festzustellen, dass es auch für andere Unternehmen nicht möglich ist, den aufgetretenen Mangel zu beseitigen.

Ein derartiger Fall liegt beispielsweise vor, wenn das zu errichtende Gebäude oder die Gebäudefläche mit einer geringeren Grundfläche / Wohnfläche oder Nutzungsfläche als vertraglich vereinbart errichtet wurde (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, BauR 1981, S. 475). In diesem Fall kann der Auftragnehmer sich darauf berufen, dass die Vergütung entsprechend zu mindern ist. Dies kann der Auftragnehmer auch dann, wenn die Mangelbeseitigung unverhältnismäßig ist.

Der Grundsatz der Unverhältnismäßigkeit wird häufig dahingehend falsch verstanden, dass lediglich zu prüfen sei, wie hoch der Betrag für die Erstellung im Verhältnis zur Mangelbeseitigung ist. Diese Auffassung ist grundlegend falsch. Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gegeben, wenn der mit der Nachbesserung erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem aufzuwendenden Mangelbeseitigungsbetrag steht (vgl. BGH, BauR 2006, S. 382 und BauR 1997, S. 638). Von Unverhältnismäßigkeit ist damit nur dann auszugehen, wenn ein objektiv geringes Interesse des Auftraggebers an einer mangelfreien Vertragsleistung einem ganz erheblichen unangemessenen Mangelbeseitigungsaufwand gegenüber steht (vgl. BGH, BauR 2006, S. 382).

3. Regelfrist des § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B

Ein ganz entscheidender Unterschied zwischen der VOB/B und dem BGB liegt auch darin, dass gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B eine Regelfrist von 2 Jahren, beginnend mit der Mangelanzeige, läuft. Zu beachten ist, dass diese 2 Jahre selbstverständlich nie vor der ursprünglich vereinbarten Gewährleistungsfrist (z.B. 5 Jahre) ablaufen. Wenn jedoch z.B. am letzten Tag der vereinbarten fünfjährigen Gewährleistungszeit eine schriftliche Mangelanzeige dem Auftragnehmer zugeht, bedeutet dies, dass für die in der Mangelanzeige gerügten Mängel die Regelfrist des § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B läuft, ohne dass ein gerichtliches Verfahren anzustrengen ist.

Diese Möglichkeit besteht bei Anwendbarkeit des BGB nicht. Dies betrifft jedoch ausnahmslos die in der Mangelanzeige benannten Mängel sowie ihre Ursachen, jedoch nicht die mangelfreien und damit nicht gerügten übrigen Leistungsbereiche. In diesem Zusammenhang sollte gerade dann, wenn Mangelanzeigen kurz vor Ablauf der ursprünglich vereinbarten Gewährleistungsfrist an den Auftragnehmer gesendet wer-den, sichergestellt sein, dass der Zugang nachweisbar ist.

4. Schadensersatz

4.1 Allgemeines

Anders als das zivile Werkvertragsrecht sieht die VOB/B in § 13 Nr. 7 VOB/B grundsätzlich eine Haftungsbegrenzung vor, d.h. es wird unterschieden zwischen dem sog. "kleinen Schadensersatzanspruch" (§ 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 1 VOB/ B) und dem "großen Schadensersatzanspruch" (§ 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 2 VOB/B). Bei der Vereinbarung der VOB/B wird damit nicht in jedem Fall Schadensersatz fällig, sondern nur dann, wenn zumindest die Einstiegsvoraussetzungen des kleinen Schadensersatzanspruchs vorliegen.

Der adäquat kausale Schaden ist nur dann ersatzfähig, wenn die Voraussetzungen des großen Schadensersatzanspruchs vorliegen.

4.2 Voraussetzungen

Zur näheren Verdeutlichung werden nachstehend die möglichen Schadensersatzansprüche durch Schaubilder dargestellt:

Übersicht 1
Übersicht Schadensersatzansprüche

Übersicht 2

Übersicht 3