Rechtsprechung zu allgemeinen Geschäftsbedingungen - Teil 1

Nachstehend werden unterschiedliche höchstrichterliche Entscheidungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Folgenden: "AGB") im Hinblick auf ihre Wirksamkeit dargestellt.

Es kann selbstverständlich nur eine exemplarische Darstellung von unwirksamen bzw. wirksamen Klauseln erfolgen, wobei die jeweils praxisrelevantesten Themen aufgegriffen werden.

1. Vertragsstrafenansprüche

Als AGB vereinbarte Vertragsstrafen waren Gegenstand der unterschiedlichsten, insbesondere auch höchstrichterlichen Rechtsprechung. Es ist eine Vielzahl von Klauseln für unwirksam erachtet worden. Es lassen sich folgende allgemeine Leitlinien aufstellen.

1.1 Vertragsstrafenobergrenze

Der BGH (BGH, BauR 2003, 870-877) hat in seiner Entscheidung aus dem Jahre 2003 zunächst eine Obergrenze mit maximal 5 % der Auftragssumme benannt. In dieser Entscheidung wurde jedoch eine Übergangsregelung ausgeführt, wonach für Verträge bis zum 30.06.2003, also bis Bekanntwerden dieser BGH-Entscheidung bei einem Auftragswert von maximal DM 13.000.000 und damit maximal EUR 6.500.000, eine Obergrenze von bis zu 10 % zulässig ist.

Der Hintergrund dieser Übergangsregelung ist darin zu sehen - worauf der BGH in seiner Entscheidung vom 22.01.2003 (BGH, BauR 2003, 870-877) auch hinweist, dass der BGH in vorausgegangenen Entscheidungen eine Obergrenze von 10 % bei einem Auftragsvolumen von DM 13.000.000 nicht für unwirksam erachtet hat (BGH, BauR 2001, 791, 792; BGH, BauR 2000, 1049). Für Verträge ab dem Bekanntwerden der Entscheidung darf die Vertragsstrafe als Obergrenze 5 % der Auftragssumme nicht überschreiten.

Maßgebend war in dieser Entscheidung für den BGH, welche Auswirkungen eine Vertragsstrafe und damit welche wirtschaftlichen Folgen sie für den Auftragnehmer hat. Vielmehr wurden die Druckfunktionen der Vertragsstrafe zugunsten des Auftraggebers berücksichtigt. Bei einer Obergrenze von 5 % ist davon auszugehen, dass der Auftragnehmer bei nicht rechtzeitiger Fertigstellung nicht unangemessen benachteiligt wird, anders als bei einer Obergrenze von 10 % (vgl. BGH, BauR 2003, 870-877; BGH, BauR 2004, 1609-1611).

1.2 Tagessatz

Ein Tagessatz von 0,3 % pro Arbeitstag bzw. 0,2 % pro Werktag wurde in den vergangenen Jahren für zulässig erachtet. Nach einer Entscheidung des BGH vom 06.12.2007 (BGH, BauR 2008, 508-509) ist auch ein Tagessatz in Höhe von 0,3 % pro Werktag nicht zu beanstanden.

1.3 Verschuldensunabhängigkeit

Eine Vertragsstrafe kann nach ständiger BGH-Rechtsprechung (z.B. BGH, BauR 2008, 508-509) insbesondere nicht verschuldensunabhängig vereinbart werden. Dies würde bedeuten, im Falle der Wirksamkeit einer verschuldensunabhängig vereinbarten Vertragsstrafenklausel, dass die Vertragsstrafe auch dann zu zahlen wäre, wenn die Überschreitung des Termins von einem Dritten oder dem Auftraggeber zu vertreten ist. Folgerichtig sind Klauseln dieser Art unwirksam (BGH, BauR 2008, 508-509).

Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es für die Frage der Verschuldensabhängigkeit ausreicht, dass eine Bezugnahme oder ergänzende Geltung des § 11 Nr. 2 VOB/B vereinbart wird (BGH, BauR 2002, 1086-1088).

1.4 Zeitliche Beschränkung des Vertragsstrafenvorbehalts

Eine Vertragsstrafenklausel ist auch dann unwirksam, wenn sie keine zeitliche Beschränkung für den Vertragsstrafenvorbehalt enthält (OLG Düsseldorf, BauR 2001, 1461-1464). Die Vertragsstrafe ist grundsätzlich bis zur Abnahme bzw. im Abnahmeprotokoll vorzubehalten. Es kann auch eine Regelung dahingehend geschlossen werden, dass der Vertragsstrafenvorbehalt bis zur Schlussrechnungsprüfung geltend gemacht werden kann.

2. Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern

Bereits in den vorausgegangenen Entscheidungen (BGH, BauR 2002, 1392, 1393; BGH, BauR 1997, 829-831) hat der BGH entschieden, dass eine Klausel, wonach ein Bareinbehalt (Sicherheitseinbehalt nach § 17 VOB/B) nur durch Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann, unwirksam ist, da dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich zusteht. Es wurde auch insoweit festgehalten, dass eine geltungserhaltende Vertragsauslegung und Reduktion dahingehend ausscheidet, dass entgegen der Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern eine einfache Bürgschaft geschuldet ist.

Gleiches gilt auch für einen öffentlichen Auftraggeber, selbst dann, wenn er den Sicherheitseinbehalt auf ein eigenes Verwahrkonto nimmt. Nach einer neuen Entscheidung des BGH (BGH, BauR 2007, 1575) ist eine Klausel auch dann unwirksam, wenn sie vorsieht, dass der Bareinbehalt entweder durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann oder aber dem Auftragnehmer die Befugnis zusteht, die Hinterlegung des Sicherheitseinbehalts zu verlangen. Begründet hat dies der BGH damit, dass diese Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers führt, da dieser keinen angemessenen Ausgleich dafür erhält, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt bekommt. Des Weiteren trägt er im Falle des Bareinbehalts und der Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern das Bonitätsrisiko des Auftraggebers für die Dauer der Gewährleistungsfrist.

Auch die Möglichkeit hier die Hinterlegung des Sicherheitseinbehalts zu verlangen, erhält der Auftragnehmer keinen angemessenen Ausgleich, da er nicht die Möglichkeit hat, den noch ausstehenden Werklohn (5 % Sicherheitseinbehalt) dauerhaft liquide an sich zu ziehen. Sofern eine unwirksame Klausel der vorbenannten Art vorliegt, führt dies dazu, dass der Auftraggeber einen etwaig erhaltenen Sicherheitseinbehalt auskehren muss und eine erhaltene Bürgschaft auf erstes Anfordern an den Auftragnehmer zurückreichen muss, so dass er letztlich keinen Sicherheitseinbehalt bekommt.

3. Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern

Auch bei einer Klausel, wonach hinsichtlich einer vereinbarten Vertragserfüllungssicherheit gemäß § 17 VOB/B entweder eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern geschuldet ist oder aber ein Bareinbehalt erfolgt, ist unwirksam (BGH, BauR 2004, 500-501). Zu beachten ist jedoch, dass der BGH anders als bei der vorzitierten Klausel, wonach ein Bareinbehalt oder eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern geschuldet ist, hier für Verträge vor dem 01.01.2003 eine Sonderregelung in seiner Entscheidung genannt hat.

Für Verträge vor dem 01.01.2003 wurde aus Vertrauensschutzgründen die Möglichkeit einer ergänzenden geltungserhaltenden Vertragsauslegung dahingehend entschieden, dass für Vertragserfüllungsbürgschaften auf erstes Anfordern (Verträge vor dem 01.03.2003), gilt, dass anstelle der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern eine einfache selbstschuldnerische Bürgschaft geschuldet ist.

Auch hier hat der BGH die Unwirksamkeit damit begründet, dass wegen der Regelungen zur Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern die Gefahr einer missbräuchlichen Inanspruchnahme mit einem sofortigen Liquiditätsentzug beim Auftragnehmer vorliegt. Insoweit kann sich auch der Bürge auf die Unwirksamkeit berufen (BGH, BauR 2004, 500-501). Diese Entscheidung gilt selbstverständlich auch für einen öffentlichen Auftraggeber (BGH, BauR 2005, 539-542; BGH, BauR 2004, 1143, 1145).

4. Schriftformklauseln

Klauseln in AGB, wonach zusätzlich Leistungen oder Leistungsänderungen nur nach schriftlich erteiltem Auftrag des Auftraggebers vergütet werden, benachteiligen den Auftragnehmer ebenfalls unangemessen und sind folgerichtig unwirksam (BGH, BauR 2005, 94, 95; BGH, BauR 2004, 488). Die Unwirksamkeit von Schriftformerfordernissen wurde in einer Vielzahl von Entscheidungen bestätigt und gilt für den hier in Rede stehenden Bereich immer dann, wenn die Schriftform Wirksamkeitsvoraussetzung sein soll.

5. Umlageklausel für Baunebenkosten

In Bauverträgen finden sich häufig Regelungen über prozentuale Abzüge für vom Auftraggeber zu stellenden Baustrom, Wasser, Versicherung und / oder Schuttberäumung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Klauseln der Inhaltskontrolle entzogen sind, sofern sie unmittelbar preis- und leistungsbestimmende Klauseln darstellen.

Bei den vorbenannten Regelungen ist daher zunächst zu klären, ob es sich um preis- und leistungsbestimmende Klauseln handelt, die damit der Inhaltskontrolle entzogen sind oder aber um Preisnebenabreden, die der Inhaltskontrolle unterliegen. Der BGH hat entschieden (BGH, NZBau 2000, 466, 467), dass die Umlage der Bauwesenversicherung grundsätzlich wirksam ist. Demgegenüber geht er bei einer pauschalen Umlage etwaiger Kosten der Bauschuttberäumung von der Unwirksamkeit aus. Den letztgenannten Fall hat er insbesondere damit begründet, dass völlig unklar bleibt und auch nicht Voraussetzung ist, dass der betroffene Auftragnehmer überhaupt eine Ursache gesetzt hat.

Bislang nicht entschieden ist die Frage, inwieweit die Umlage von Baustrom und Bauwasser der Inhaltskontrolle unterliegt. Sofern von vornherein ein Leistungsaustausch nicht ausgeschlossen ist, dürften diese Regelungen wirksam sein.