Was ist ein Beweisverfahren und wann sollte man es einleiten?

Das sogenannte selbständige Beweisverfahren hat in baurechtlichen Angelegenheiten eine außerordentlich große Bedeutung.

Sinn und Zweck eines solchen Verfahrens ist eine Tatsachenfeststellung im Rahmen eines vor einem Gericht durchgeführten Verfahrens. Es werden in einem solchen Verfahren keine Rechts-, sondern lediglich tatsächliche Fragen geklärt. Am Ende eines solchen Verfahrens steht dementsprechend auch kein Urteil, sondern in aller Regel ein schriftliches Sachverständigengutachten.

Insbesondere bei der Feststellung von Baumängeln ist ein selbständiges Beweissicherungsverfahren von großem Wert. Oftmals hilft ein solches Verfahren nämlich, einen umfangreichen Bauprozess zu vermeiden. Ist beispielsweise erst einmal durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen das Vorhandensein von und die Verantwortlichkeit für Baumängel festgestellt, dann wird der in dem Gerichtsgutachten als gewährleistungspflichtig Dargestellte schon sehr gute Gründe haben müssen, um seiner - gutachterlich festgestellten - Mängelbeseitigungspflicht nicht freiwillig nachzukommen.

Mit Hilfe eines selbständigen Beweisverfahrens kann dem Verlust von wichtigen Beweisen vorgebaut werden. Dies kann sowohl vor Baubeginn wichtig sein, wenn man z.B. bei Tunnelbauarbeiten die genaue Zusammensetzung des Bodens feststellen lässt, um auf diese Art das geschuldete Leistungssoll zu definieren.

Auch während der Bauzeit können immer wieder Situationen auftauchen, in denen Bedarf für die Klärung von Einzelfragen gegeben ist, die bei ungehindertem Bauablauf vielleicht nicht mehr oder nur noch unter großen Schwierigkeiten beantwortet werden können.

So sollte beispielsweise die Frage, ob Bewehrungsstahl vom Auftragnehmer in vertraglich geschuldeter Güte angeliefert und eingebaut wird, bei berechtigten Zweifeln tunlichst geklärt werden, bevor der Stahl eingebaut und zubetoniert wurde.

Und schließlich gibt es auch in der Gewährleistungsphase zahlreiche Situationen, in denen Bedarf für eine schnelle und notfalls gerichtsverwertbare Tatsachenfeststellung gegeben ist. So ist beispielsweise die Durchführung von Ersatzvornahmemaßnahmen bei verweigerter Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer in der Regel erst dann empfehlenswert, wenn die Verantwortlichkeit für einen Mangel vorab - nach Möglichkeit mit Hilfe eines selbständigen Beweisverfahrens - festgestellt wurde.

Beseitigt man als Auftraggeber vor Klärung von Verantwortlichkeiten die Mängel, läuft man in einer nachfolgenden gerichtlichen Auseinandersetzung Gefahr, dass das Gericht beweiserhebliche Tatsachen nicht mehr feststellen kann und man den Prozess alleine aus Beweisgründen verliert.