Die geänderte Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B

Die VOB/B gibt hier vor, dass bei ändernden Anordnungen ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren ist.

Würde man diese Vorgabe wörtlich nehmen, so hätte der Auftragnehmer seine kalkulierten Kosten für die laut Vertrag geschuldete Leistung den Kosten gegenüberzustellen, die ihm nach Änderung des Bausolls entstanden sind. Das positive Delta wäre der Mehrvergütungsanspruch, ein (in der Praxis eher selten auftretendes) negatives Delta die Vergütungsminderung.

So einfach ist es jedoch bedauerlicherweise nicht.

Der Mehrvergütungsanspruch des Auftragnehmers ist vielmehr nicht nach den ihm durch die Änderung entstandenen Ist- und marktüblichen Kosten zu ermitteln, sondern Grundlage des Mehrvergütungsanspruchs, so ein Dogma des Baurechts, ist die ursprüngliche Auftragskalkulation des Auftragnehmers.

Dieser seit Jahrzehnten heftig verteidigte Grundsatz „guter Preis bleibt guter Preis und schlechter Preis bleibt schlechter Preis“ führt zu einer Verkomplizierung der Nachtragsabwicklung und mit Sicherheit nicht immer zu gerechten Ergebnissen.

Hat der Auftragnehmer nämlich (spekulativ?) einzelne Positionen in seiner Kalkulation mit mehr als auskömmlichen Einheitspreisen versehen, dann potenzieren sich in dieser Position seine Gewinne, wenn es zu Mehrungen kommt. Andersherum muss der Auftragnehmer massive Verluste verzeichnen, wenn seine Kalkulation für eine bestimmte Leistung einen unrealistisch niedrigen Preis aufweist und der Auftraggeber gerade in dieser Position von seinem Anordnungsrecht nach § 1 Abs. 3 oder 4 VOB/B Gebrauch macht und es nachfolgend in dieser Position zu einer merklichen Massenmehrung kommt.

Grundlage des Mehrvergütungsanspruchs des Auftragnehmers ist demnach immer das Preisniveau, das sich aus seinem ursprünglichen Angebot ergibt. Die tatsächlichen Kosten können vom Auftragnehmer nur ganz ausnahmsweise in Rechnung gestellt werden, beispielsweise, wenn die erbrachten Massen erheblich von den angebotenen und kalkulierten Massen abweichen oder wenn die geänderten Leistungen zeitlich später und unter komplett anderen Verhältnissen (z.B. Winterbau) erbracht werden mussten.

Besonders spannend wird die Berechnung der Nachtragshöhe immer dann, wenn es zu einzelnen geänderten oder auch zusätzlichen Leistungen überhaupt keine Anhaltspunkte in der vorliegenden Kalkulation gibt.

Und endgültig verwirrend wird es für die Baukammern bei den diversen Landgerichten, wenn ihnen der Auftragnehmer zwar eine Klage in Millionenhöhe über Ansprüche nach § 2 Abs. 5 VOB/B präsentiert, gleichzeitig aber treuherzig versichert, dass er eine detaillierte Kalkulation bei Angebotsabgabe gar nicht erstellt habe und diese vom Auftraggeber auch nicht abverlangt wurde. In der Praxis werden solche Prozesse dann oft entscheidend von Sachverständigen beeinflusst, die von den in Not geratenen Juristen um eine Einschätzung der Lage gebeten werden.

Haben die Bauvertragsparteien in dem zugrunde liegenden Vertrag ein wirksame Skontoabrede getroffen, dann ist der Auftraggeber auch bei Nachtragsansprüchen des Auftragnehmers berechtigt, das Skonto zu ziehen – vorausgesetzt freilich, er hält die vereinbarten Zahlungsfristen ein.

Hat der Auftragnehmer allerdings in der Angebotsphase nur einen prozentualen Nachlass auf seinen Preis gewährt, dann beeinflusst dies die Höhe der Nachtragsforderung grundsätzlich nicht. Der Auftraggeber ist also regelmäßig nicht berechtigt, den prozentualen Abschlag auch auf Nachtragsforderungen vorzunehmen.

Oft stellt sich die Frage nach dem Abgeltungsumfang eines verhandelten Nachtrags. In vielen Fällen ist der Auftragnehmer nämlich gerade bei länger laufenden Baumaßnahmen gar nicht in der Lage, zum Zeitpunkt der Nachtragsverhandlung über die Vergütung einer einzelnen Leistung beispielsweise die zeitlichen Auswirkungen der Änderung auf die Gesamtbaumaßnahme abzuschätzen.

 

Dem Grunde nach darf der Auftraggeber davon auszugehen, dass mit einem Nachtrag tatsächlich auch alle Kosten, die mit der Änderung zusammenhängen, vom Auftragnehmer geltend gemacht wurden.

Die Einigung auf eine bestimmte Nachtragshöhe hat also auch anspruchausschließende Wirkung, so dass es dem Auftragnehmer verwehrt sein kann, etwaig „vergessene“ Forderungen nachzuschieben. Wenn der Auftragnehmer sich hier Forderungen vorbehalten will, empfiehlt es sich dringend, dies im Rahmen des Nachtragsangebotes und der Einigung über den Nachtrag schriftlich zu dokumentieren.