Änderung des Bauentwurfs oder ändernde Anordnung des Bauherrn nach § 2 Abs. 5 VOB/B

Es leuchtet unmittelbar ein, dass es für eine geänderte (und meistens höhere) Vergütung auch zu einer Änderung des Bausolls kommen muss. Wenn der Auftragnehmer genau das baut, wozu er sich vertraglich verpflichtet hat, dann besteht keine Veranlassung, ihm auch nur einen Euro an zusätzlicher Vergütung zu bezahlen.

In Bezug auf die grundlegend notwendige ändernde Anordnung durch den Bauherrn, trifft man in der Praxis immer wieder auf zwei Konstellationen, die zu erbittertem Streit zwischen den Bauvertragsparteien führen:

Diskussionswürdig sind zum einen immer wieder Situationen, bei denen sich der Auftraggeber dadurch eine bessere Startposition in der Nachtragsschlacht zu verschaffen glaubt, in dem er Änderungen des Bausolls einfach geschehen lässt, es aber tunlichst vermeidet, sich zu dieser Änderung zu äußern, geschweige denn seiner Bauherrenpflicht nachzukommen und dem Auftragnehmer eine ändernde Anordnung zukommen zu lassen. Der Bauherrenvertreter macht einfach … nichts.

Will der Auftragnehmer dann nach Ausführung der Leistung einen geänderten und höheren Vergütungsanspruch geltend machen, wird er vom Auftraggeber als erstes mit der Frage konfrontiert, wo denn bitteschön die ändernde Anordnung durch einen bevollmächtigten Vertreter des Auftraggebers sei. Ohne eine solche Anordnung, so die Auffassung des Auftraggebervertreters, könne man sich, so der Bauherrnvertreter, mangels Vorliegen der Voraussetzungen jegliche Diskussion zu einem geänderten Vergütungsanspruch, schenken. Auf diese, nicht ganz feine, Art sollen Nachtragsansprüche bereits im Keim erstickt werden.

Gerichte hatten sich mit der vorbeschriebenen Konstellation bereits wiederholt zu beschäftigen und fühlten sich offenbar nicht ganz wohl, einen dem Grunde nach als berechtigt identifizierten (Mehr-)Vergütungsanpruch des Auftragnehmer alleine an einer fehlenden ausdrücklichen Anordnung durch den Auftraggeber scheitern zu lassen.

Von den Gerichten wird daher in solchen Fällen regelmäßig auf die Konstruktion einer „konkludenten“ oder sogar einer „stillschweigenden“ Anordnung durch den Auftraggeber zurückgegriffen. Danach müssen ändernde Anordnungen durch den Auftraggeber gar nicht ausdrücklich getroffen werden, es reicht vielmehr aus, wenn sich die Anordnung zwangsläufig aus dem Verhalten des Bauherrn ergibt.

Klassisches Beispiel ist die Aufforderung an den Auftragnehmer, einen bestimmten Termin in jedem Fall einzuhalten, selbst wenn beiden Parteien klar ist, dass dieser Termin in Anbetracht zahlloser vom Auftraggeber zu vertretender Behinderungstatbestände nur durch entsprechende Beschleunigungsmaßnahmen zu halten ist. Für einen Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 VOB/B wegen nachweisbarer Beschleunigungskosten bedarf es in diesem Fall keiner ausdrücklichen Anordnung. Die Anordnung wurde vielmehr konkludent durch die Weisung, einen bestimmten Termin sicherzustellen, erteilt.

Auch „stillschweigende“ Anordnungen des Auftraggebers führen zu einem Anspruch nach § 2 Abs. 5 VOB/B. So kann sich kein Auftraggeber hinter eine Mauer des Schweigens zurückziehen, wenn beispielsweise auf der Baustelle – gemeinsam – eine geänderte Geologie festgestellt wird, aus der sich zwangsläufig Änderungen des Bauentwurfs ergeben. Lässt der Bauherr die geänderte Ausführung in sicherer Kenntnis der veränderten Umstände geschehen, kann man von einer stillschweigenden Anordnung ausgehen.

Bei sämtlichen Diskussionen um ändernde Anordnungen, ob ausdrücklich, konkludent oder stillschweigend, sollte der Auftragnehmer darauf achten, dass diese Anordnung auch tatsächlich von seinem unmittelbaren Vertragspartner oder einem von diesem ausdrücklich bevollmächtigten Vertreter kommt. Um rechtliche Diskussionen zu vermeiden, ist es zwingend empfehlenswert, die Frage, wer für den Bauherren kostenträchtige Anordnungen auf der Baustelle treffen darf, vor Baubeginn und schriftlich zu klären.

Hilfreich kann es auch sein, einem wenig entscheidungsfreudigen Bauherrnvertreter durch ein so genanntes „kaufmännisches Bestätigungsschreiben“ zumindest zu einer schriftlichen Reaktion zu nötigen. Wenn man in Anbetracht geänderter Bodenverhältnisse Gespräche mit dem Bauherrn beispielsweise kurz zusammenfasst und dem Bauherrn mitteilt, dass man als Gesprächsergebnis davon ausgeht, dass der Bauherr nunmehr eine vom ursprünglichen Bausoll abweichende Ausführung wünscht, dann ist dem Auftraggeber zumindest die Argumentation abgeschnitten, er habe von nichts gewusst.

Neben dem bewusst schweigenden Bauherrn führt auch die Einflussnahme Dritter immer wieder zu der Frage, ob es denn überhaupt eine dem Auftraggeber zurechenbare ändernde Anordnung gab. Immer wieder führen nämlich nachträgliche Anordnungen durch die Genehmigungs- oder auch Straßenverkehrsbehörden zu einer Änderung der Bauumstände und beim Auftragnehmer zu Mehrkosten.

Hier wird man zur Beurteilung der Frage, ob bei erhöhtem Aufwand auch ein zusätzlicher Vergütungsanspruch gerechtfertigt ist, regelmäßig auf die Unstände des Einzelfalls abstellen müssen. Es gibt jedoch eine klare Tendenz in der Rechtsprechung, auch solche durch Behörden ausgelöste Änderungen der Bauumstände dem Auftraggeber zuzurechnen, wenn sie aus der Sphäre des Auftraggebers kommen (Baugenehmigung ist regelmäßig vom Auftraggeber zu stellen) oder er in der Ausschreibung Angaben zur möglichen Andienung und Einrichtung der Baustelle gemacht hat.

Wenn die Frage der ändernden Anordnung geklärt ist, soll nach der Regelung in § 2 Abs. 5 VOB/B ein neuer Preis vereinbart werden. Was es hier zu beachten gilt, ist in diesem Kapitel nachzulesen.