Wie läuft ein Beweisverfahren ab?

Ein selbständiges Beweisverfahren ist während eines bereits laufenden Prozesses zulässig, wenn die Gegenpartei der Durchführung eines solchen Verfahrens entweder zustimmt oder die Gefahr besteht, dass das Beweismaterial verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig - und diese Fälle überwiegen in der Praxis - dann kann bei Gericht die schriftliche Begutachtung des Zustandes einer Sache, der Ursache für einen Schaden oder Mangel oder der Aufwand für die Beseitigung eines Sachschadens oder Sachmangels beantragt werden.

Zuständig für das Beweisverfahren ist immer das Gericht, bei dem auch der Hauptprozess zu führen wäre. Ein Beweissicherungsantrag kann auch bei den ab einem Streitwert von € 5.000,- zuständigen Landgerichten grundsätzlich von Privatpersonen, also ohne anwaltliche Vertretung, angebracht werden. Erst wenn über dem Beweisantrag vor dem Landgericht mündlich verhandelt wird, muss man sich von einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Die im Rahmen der Antragsschrift vorzutragenden Tatsachen sind von den Parteien glaubhaft zu machen, was durch Vorlage von Urkunden bzw. eidesstattlichen Versicherungen meist problemlos zu bewerkstelligen ist.

Entscheidend für einen sinnvollen Verlauf eines Beweisverfahrens ist die Auswahl eines kompetenten Sachverständigen. Dieser wird grundsätzlich vom Gericht ausgewählt und ernannt. Zweckmäßigerweise sollte hier jedoch versucht werden, zwischen den Parteien vorab eine Einigung auf einen in der Sachfrage tatsächlich kompetenten Sachverständigen zu erzielen. Dabei sollte es keineswegs um das Etablieren eines für die eigenen Interessen als günstig erscheinenden Sachverständigen gehen, sondern um die Benennung einer fachkundigen Person, die sowohl unparteiisch, als auch in der Lage ist, aufgetretene Meinungsverschiedenheiten in der Sache verbindlich zu klären.

Kommt eine Einigung zwischen den Parteien über die Person des Sachverständigen nicht zustande, kann es einem in Einzelfällen passieren, dass ein Gutachter vom Gericht ausgewählt wird, der in Ermangelung von Fachkompetenz nur sehr wenig zur eigentlichen Streitschlichtung beitragen kann. Dies ist dann umso bedauerlicher, als auch die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens naturgemäß mit zum Teil nicht unerheblichen Kosten verbunden ist.

Sobald ein Rechtsanwalt eingeschaltet wurde, ist dieser entsprechend den Grundsätzen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zu entlohnen. Auch das Gericht verlangt für den dort entstehenden Aufwand Gebühren.

Gerade bei umfangreichen Beweisverfahren schlagen jedoch die Sachverständigenkosten am heftigsten zu Buche. Dem Grunde nach regelt das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) hier zwar in verschiedenen Honorargruppen ein Stundenhonorar für den Sachverständigen von 50 bis 95 Euro. Nachdem jedoch viele Sachverständige zu diesen Honoraren nicht kostendeckend arbeiten können, sieht das Gesetz eine Überschreitung dieses Honorarsatzes bzw. eine besondere Entschädigung bei Einverständnis der Parteien vor. Bei entsprechendem Zeitaufwand des Gutachters und Umfang der Ermittlungen können hier in umfangreichen Bausachen auch sechsstellige Euro-Beträge an Gutachterkosten entstehen.

Die Kostenflut lässt sich dabei am ehesten noch am Anfang eines Beweisverfahrens eindämmen. Es ist nämlich immer wieder frappierend zu beobachten, in welch unterschiedlicher Höhe von den einzelnen Gerichten der obligatorische Kostenvorschuss für den Sachverständigen bei dem Antragsteller angefordert wird. Reicht einem Gericht für die Klärung einer Mangelrüge ein Vorschuss von € 2.000,--, so fordert ein anderes Gericht bei einem identischen Streitfall - ohne nähere Begründung - das Vier- oder gar Fünffache dieses Betrages. Erfahrungsgemäß wird ein einmal bereits erstatteter Kostenvorschuss dann vom Sachverständigen auch tatsächlich in Anspruch genommen und verbraucht. Sollten vom Gericht also deutlich überhöhte Vorschusszahlungen angefordert werden, sollte man umgehend reagieren und versuchen, die Beträge auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren.

Bevor der Gutachter vom Gericht mit den Ermittlungen beauftragt wird, hat das Gericht dem Antragsgegner sogenanntes rechtliches Gehör zu gewähren. Man kann also als Antragsgegner zu Fragen der Zulässigkeit des Verfahrens oder des Beweisthemas an sich aus seiner Sicht Stellung nehmen.

Als Antragsgegner eines Beweisverfahrens hat man ebenfalls die Möglichkeit, mittels eigener Anträge oder ergänzender Fragen auf das Beweisverfahren unmittelbar einzuwirken oder auch das Beweisthema auszuweiten. Beachten sollte man dabei auf Antragsgegnerseite jedoch, dass man vom Gericht möglicherweise mit Kosten belastet wird, wenn man durch das Stellen von Anträgen selber eine aktive Rolle in dem Verfahren übernimmt.

Auch im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens ist es möglich, neben Antragssteller und Antragsgegner(n) Dritte in das Verfahren mit einzubeziehen. Dies geschieht in aller Regel mittels einer sogenannten Streitverkündung. Leitet der Auftraggeber beispielsweise als Antragsteller wegen behaupteter Mängel ein Beweissicherungsverfahren gegen das ausführende Unternehmen als Antragsgegner ein, dann tut dieses ausführende Unternehmen gut daran, einen seinerseits mit der Ausführung der bemängelten Arbeiten beauftragten Nachunternehmer an dem Verfahren im Wege der Streitverkündung zu beteiligen. Eine solche Streitverkündung bindet den Dritten grundsätzlich an die Ergebnisse der Beweisermittlung, er kann seinerseits aktiv in das Verfahren eingreifen und die Verjährung zwischen dem Antragsgegner und dem dritten sogenannten Streitverkündungsempfänger wird gehemmt.

Hin und wieder kommt es im selbständigen Beweissicherungsverfahren vor, dass man mit den Aussagen des vom Gericht beauftragten Gutachters nicht nur nicht einverstanden ist, sondern dass sich einem der Eindruck aufdrängt, dass der Gutachter zu seinen Feststellungen auf - höflich umschrieben - nicht gänzlich unvoreingenommener Grundlage kommt.

Solche Situationen können insbesondere dann entstehen, wenn der Sachverständige seine Stellung mit der des Richters verwechselt und - meist ungefragt - neben tatsächlichen Feststellungen auch umfangreiche rechtliche Wertungen vornimmt. Letzteres ist ausdrücklich nicht Aufgabe des Sachverständigen, sondern soll mit gutem Grund den staatlichen Gerichten vorbehalten bleiben. In solchen Fällen ist wichtig zu wissen, dass ein Sachverständiger wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann. Eine solche Befangenheit kann beispielsweise in unsachlichen, auf Voreingenommenheit gegen eine Partei hindeutenden Äußerungen oder auch in einer früheren Tätigkeit des Sachverständigen in derselben Angelegenheit liegen.

Deutlich sei jedoch darauf hingewiesen, dass die für die eigenen Interessen möglicherweise nachteiligen Feststellungen des vom Gericht eingesetzten Sachverständigen - so unerfreulich sie auch sein mögen - selbstverständlich keinen Befangenheitsantrag rechtfertigen.

Ist man inhaltlich mit den zunächst schriftlich festgehaltenen Äußerungen des Sachverständigen nicht zufrieden, dann besteht allemal die Möglichkeit, den Sachverständigen zu einer schriftlichen Ergänzung seines Gutachtens aufzufordern oder ihn zu seinen Feststellungen im Rahmen einer mündlichen Anhörung in einem dann anzuberaumenden Gerichtstermin zu befragen.

Ein solches Nachhaken ist insbesondere dann geboten, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder in einem Punkt unklar oder zweifelhaft ist.