Wann ist ein Schiedsgutachten sinnvoll?

Will man einzelne Streitpunkte im Rahmen der Abwicklung eines Bauvorhabens ohne Zuhilfenahme der staatlichen Gerichte klären, so bietet sich die Einholung eines sogenannten Schiedsgutachtens an.

Gleichgültig, ob es beispielsweise um die Frage der Verantwortlichkeit für einen Mangel, einen Streit um Art und Umfang der vom Auftragnehmer vertraglich geschuldeten Leistung oder um Vergütungsfragen geht, können die Bauvertragsparteien sich zur Beilegung des Konflikts eines dritten Schiedsgutachters bedienen.

Wichtig ist dabei zunächst, dass man das Aufgabengebiet und die vom Schiedsgutachter zu klärende Frage möglichst genau definiert. Gegenstand der Beauftragung des Schiedsgutachters können dabei sowohl tatsächliche Feststellungen wie auch rechtliche Fragen sein. Auch muss zwischen den Bauvertragsparteien vorab geklärt sein, ob man beiderseitig das vom Schiedsgutachter gefundene Ergebnis als rechtsverbindlich akzeptiert.

Soweit man sich auf die Rechtsverbindlichkeit des Schiedsgutachtens geeinigt hat, muss einem allerdings bei Unterzeichnung eines Schiedsgutachtervertrages klar sein, dass man an das vom Schiedsgutachter gefundene Ergebnis dann auch grundsätzlich gebunden ist. Ein Rechtsmittel oder eine zweite Instanz gegen ein missliebiges Ergebnis des Schiedsgutachters ist in aller Regel ausgeschlossen. Eine Bindungswirkung kann allenfalls dann verneint werden, wenn das Schiedsgutachten grob unbillig ist, d. h. an schwerwiegenden Verfahrens- oder Begründungsmängeln leidet.

Man muss sich im Rahmen des abzuschließenden Schiedsgutachtervertrages auch Gedanken über die Person des Gutachters machen. Idealerweise einigen sich die Parteien auf eine Person, die sowohl kompetent als auch neutral ist. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, den Schiedsgutachter von dritter Seite (beispielsweise von einer Industrie- und Handelskammer) bestimmen zu lassen, oder gleich ein Schiedsgutachtergremium mit mehreren (meistens drei) Mitgliedern einzusetzen.

Auch über die Kostentragungspflicht sollte in dem Schiedsgutachtervertrag eine Regelung enthalten sein.

Vorteile eines Schiedsgutachtenverfahrens im Vergleich zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung sind Effizienz und Schnelligkeit. Man hat auf die Auswahl der Schiedsgutachter Einfluss und ist nicht einer mehr oder weniger zufälligen Bestimmung des Sachverständigen durch ein staatliches Gericht ausgeliefert.

Nachteilig kann sich auswirken, dass die Durchführung eines Schiedsgutachterverfahrens immer die Zustimmung beider Parteien voraussetzt, also nicht erzwungen werden kann.

Die Einbeziehung Dritter in ein Schiedsgutachtenverfahren setzt wiederum die Zustimmung dieser Dritten voraus. Eine Streitverkündung, wie im ordentlichen Gerichtsverfahren, gibt es im Schiedsgerichtsverfahren grundsätzlich nicht. Auch hat eine Schiedsgutachtenvereinbarung nicht ohne Weiteres verjährungshemmende Wirkung. Auch über diesen Punkt sollten sich die Parteien daher vorab verständigen.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die VOB/B eine ausdrückliche Regelung für die Durchführung eines Schiedsgutachtenverfahrens vorsieht. So kann u. a. bei Meinungsverschiedenheiten über die Eigenschaft von Stoffen und Bauteilen jede Vertragspartei eine materialtechnische Untersuchung durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Materialprüfungsstelle vornehmen lassen.

Die Feststellungen dieser Prüfstelle sind verbindlich. Die Kosten der Untersuchung trägt der unterliegende Teil.