Rechtsanwalt Max Mustermann, Musterstraße 1, 12345 Musterhausen, Tel.: 01234/56789, max@mustermann.de
Sicherheiten für den Auftragnehmer
§ 648a BGB
1. Abgrenzung zu § 648 BGB (Eintragung einer Sicherungshypothek)
Die wesentlichen Abgrenzungskriterien bestehen im Folgenden: Nach § 648a BGB muss der Auftraggeber nicht Eigentümer des zu bebauenden Grundstücks sein. Eine Absicherung insbesondere für nicht durchgeführte Leistungen ist ebenso wie für durchgeführte Leistungen möglich.
Es ist jedoch keine Absicherung von Schadensersatzansprüchen, die in Zusammenhang mit dem Bauvorhaben stehen, möglich. § 648a BGB setzt demgegenüber voraus, dass der Auftraggeber Eigentümer des zu bebauenden Grundstücks ist, was auch einer der Gründe ist, warum § 648 BGB nicht zeitgemäß ist. Es ist eine Absicherung nur für bereits geleistete Arbeiten möglich, dafür aber auch die Absicherung von Schadensersatzansprüchen möglich, die mit der Erstellung des Bauvorhabens im Zusammenhang stehen.
2. Voraussetzungen des § 648a BGB/Rechtsfolgen
2.1. Allgemeines
§ 648a BGB setzt zunächst voraus, dass der Anspruchsteller zu dem geschützten Personenkreis gehört. Es kann dann bis zur Höhe des voraussichtlichen Vergütungsanspruchs sowie ggf. zzgl. 10 % für Nebenforderungen eine Absicherung verlangt werden. Voraussetzung ist das Setzen einer angemessenen Frist zur Übergabe eines des § 648a BGB entsprechenden Sicherungsmittels durch den Auftraggeber. Die Auswahl des Sicherungsmittels erfolgt durch den Auftraggeber. Es darf kein Ausschlussgrund nach § 648a Abs. 6 BGB bestehen, und es bleibt festzuhalten, dass entgegenstehende Vereinbarungen, die § 648a BGB einschränken, gem. § 648a Abs. 7 BGB unwirksam sind. Diese Regelung ist von erheblicher Bedeutung, da andernfalls der durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlung eingeführte § 648a BGB leer laufen würde. Die Rechtsfolge im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 648a BGB besteht darin, dass dem Auftragnehmer u. a. ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, d. h. mit Ablauf einer angemessenen Frist steht dem Auftragnehmer das Recht zur Baueinstellung zu. Er kann dann eine weitere Frist unter Kündigungsandrohung setzen. Verläuft auch diese fruchtlos, gilt der Vertrag als aufgehoben. Von diesem Recht sollte der Auftragnehmer jedoch nur im Einzelfall Gebrauch machen, da die Folgen weit reichend sind. Nach § 648a Abs. 1 S. 1 BGB in der durch das Forderungssicherungsgesetz geänderten Form steht dem Auftragnehmer nunmehr auch ein einklagbarer Anspruch auf die Sicherheitsleistung zu.
2.2 Anspruchsberechtigte gem. § 648a Abs. 1 BGB
Anspruchsberechtigt gem. § 648a Abs. 1 BGB sind folgende Baubeteiligte:
- Unternehmer eines Bauwerkes, einer Außenanlage oder eines Teils davon,
- Generalunternehmer,
- Nachunternehmer,
- Architekten, Statiker und sonstige Sonderfachleute, soweit sich die geistige Leistung in dem zu errichtenden Bauwerk verkörpert (Ausführung gem. den Plänen oder Vorgaben),
- Nicht sicherungsfähig sind bloße Vorbereitungsmaßnahmen oder die Lieferung von Baumaterialien,
2.3 Höhe der Sicherungsleistung
Die Höhe des Sicherungsbedürfnisses und damit eine einforderbare Sicherheitsleistung bestimmt sich aus der Summe der voraussichtlichen Vergütungssumme gem. dem zugrunde liegenden Vertrag zzgl. etwaiger berechtigter Zusatzaufträge und Nachträge und ggf. zzgl. 10% Nebenforderungen. Von der auf diese Weise ermittelten Summe müssen jedoch bereits geleistete Zahlungen ggf. unter Einschluss von Skonti und vereinbarten Verrechnungen sowie etwaig andere vorhandene Sicherungsmittel, z. B. § 648 BGB, Zahlungsbürgschaften oder Ähnliches, in Abzug gebracht werden. Zur Verdeutlichung soll das nachstehende Beispiel dienen:
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Auch für streitige Nachträge kann eine Sicherheit gem. § 648a BGB eingefordert werden. Ebenso kann auf der Basis eines nicht ausreichenden Sicherungsmittels hinsichtlich streitiger Nachträge die Einstellung erfolgen. Zu beachten ist jedoch, dass die Einstellung dann unrechtmäßig war, wenn nur auf der Basis der nicht besicherten, streitigen Nachträge eine Einstellung erfolgte und sich herausstellt, dass die Nachträge unberechtigt waren. In § 648a Abs. 1 S. 2 BGB wurde nunmehr durch das Forderungssicherungsgesetz klargestellt, dass auch die Ansprüche erfasst sind, die an die Stelle der Vergütungsansprüche treten, das können auch Schadensersatzansprüche sein.
3. Angemessene Frist
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 648a BGB ist das Setzen einer angemessenen Frist zur Übergabe eines Sicherungsmittels, wobei dem Auftraggeber die Auswahl obliegt. Es sollte dabei allgemein zur Übergabe eines in § 648a BGB genügenden Sicherungsmittels aufgefordert werden.
Die Frage der Angemessenheit der Frist richtet sich nach dem Einzelfall, wobei darauf abzustellen ist, wie lange ein Auftraggeber unter normalen finanziellen Verhältnissen zur zügigen Beschaffung der Sicherheit benötigt. Die Rechtsprechung ist uneinheitlich und geht von 7-14 Tagen aus. Es sollten zur Absicherung 14 Tage als Frist gesetzt werden, von eng umgrenzten Ausnahmefällen abgesehen.
4. Sicherungsmittel
Sicherungsmittel gem. § 648a BGB sind die Sicherungsbürgschaft, die Zahlungsgarantie, sonstige Zahlungsversprechen eines Kreditinstituts oder Kreditversicherers, die Sicherungshypothek sowie die in §§ 232 ff BGB geregelten Sicherheiten, die jedoch wenig praxisrelevant sind.
5. Kein Ausschluss gem. § 648a Abs. 6 BGB
Darüber hinaus ist Voraussetzung, dass kein Ausschlussgrund gem. § 648a Abs. 6 BGB vorliegt, der gegeben ist, wenn der Auftraggeber eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist oder ein öffentlichrechtliches Sondervermögen ist oder aber eine natürliche Person ist und die Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung ausführen lässt.
6. Unwirksamkeit von entgegenstehenden Vereinbarungen
Gem. § 648a Abs. 7 BGB können keine Abweichungen von § 648a BGB zum Nachteil des Auftragnehmers vereinbart werden. Es liegt ein gesetzliches Verbot vor. Hintergrund ist, dass der wirtschaftlich stärkere Auftraggeber daran gehindert werden soll, § 648a BGB abzudingen. Es soll gerade das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zugunsten des Auftragnehmers eingeschränkt werden.
7. Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitig oder nicht gestellten Sicherheit
Wie bereits dargelegt, steht dem Auftragnehmer nach fruchtlosem Ablauf der von ihm gesetzten Frist ein Zurückbehaltungsrecht zu und damit das Recht zur Baueinstellung. Darüber hinaus steht dem Auftragnehmer ein einklagbarer Anspruch auf Übergabe des Sicherungsmittels zu. Er kann des Weiteren eine weitere Aufforderung unter Kündigungsandrohung stellen. In diesem Fall gilt der Vertrag unmittelbar nach Ablauf dieser Frist als aufgehoben. In Bezug auf die aufgeführten Leistungen regelt § 648a Abs. 5 S. 4 BGB eine Vermutungsregelung dahingehend, wonach ein Schaden in Höhe von 5% der Vergütung beansprucht werden kann. Wechselseitig bleibt jedoch der Nachweis eines höheren oder niedrigeren Schadens vorbehalten.
8. Avalkosten
Dem Auftraggeber stehen für das bestellte Sicherungsmittel gem. § 648a BGB max. Avalkosten in Höhe von 2% per anno zu, wobei er die tatsächlich entstandenen Kosten nachweisen muss. Insbesondere sind die Avalkosten jedoch dann nicht zu erstatten, wenn sich der Auftraggeber mit der Zahlung in Verzug befindet. Insoweit sind für den Verzugszeitraum dann keine Avalkosten geschuldet.
9. Anwendbarkeit nach Abnahme
Der Bundesgerichtshof (BGH BauR 2004, 487 ff.; BGH BauR 2004, 826 ff.; BGH BauR 2004, 834 ff.; BGH BauR 2005, 548 ff.) hat mehrfach entschieden, dass § 648a BGB auch nach Abnahme anwendbar bleibt. Sofern der Auftragnehmer das Sicherungsmittel berechtigt eingefordert hat, bleibt er berechtigt, die Mangelbeseitigung zu verweigern. Der Bundesgerichtshof hat jedoch festgehalten, dass es auch in diesem Fall dabei bleibt, dass dem Auftraggeber ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Bei Verträgen, die bis zum 31.12.2008 geschlossen worden sind, besteht ein Zurückbehaltungsrecht in dreifacher Höhe der Mangelbeseitigungskosten und für Verträge ab dem 1.1.2009 in zweifacher Höhe (mit Inkrafttreten des Forderungssicherungsgesetzes). Wenn der Auftragnehmer auf eine Minderung in Höhe der einfachen Mangelbeseitigungskosten verweisen will, muss er dem Auftraggeber eine Frist gem. § 648a Abs. 5 S. 1 BGB i. V. m.
§ 643 S. 1 BGB analog setzen. Nach Ablauf der Frist ist der Auftragnehmer von der Verpflichtung zur Mängelbeseitigung frei. Die Vergütung ist um den Minderwert zu kürzen. Von dieser Möglichkeit sollte daher nur sehr restriktiv, also im absoluten Ausnahmefall, Gebrauch gemacht werden. Da durch das Forderungssicherungsgesetz (§ 648a Abs. 1 S. 1 BGB) nunmehr ein einklagbarer Anspruch auf Übergabe des Sicherungsmittels besteht, wird es in den wenigsten Fällen Sinn machen, hier den Vertrag zu kündigen.
10. Inanspruchnahme des Sicherungsmittels
Das Sicherungsmittel nach § 648a BGB kann dann in Anspruch genommen werden, anders als normale Zahlungsbürgschaften, wenn der Auftraggeber den Vergütungsanspruch anerkannt hat oder aber ein vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Zwangsvollstreckung begonnen werden darf. Im Falle der Insolvenz des Auftraggebers muss die Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt werden, ggf. im Klagewege.
11. Zusammenfassung
Zur näheren Verdeutlichung soll die nachstehende Übersicht dienen:
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Eintragung einer Sicherungshypothek gem. § 648 BGB
Die Eintragung einer Sicherungshypothek gem. § 648 BGB setzt Folgendes voraus:
- Anspruchsberechtigt ist der Auftragnehmer eines Bauwerks oder eines Teils eines Bauwerks.
- Der Auftraggeber muss Eigentümer des zu bebauenden Grundstücks sein.
- Es muss sich um Forderungen handeln, die aus dem Vertrag resultieren (Werklohn und Schadensersatz).
- Es kann nur für bereits erbrachte Bauleistungen die Sicherheit eingetragen werden.
Die Eintragung kann entweder im Falle einer gütlichen Einigung oder aber durch rechtkräftiges Urteil (§ 894 ZPO) sowie im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens durch Erwirkung einer Vormerkung erfolgen.
Zahlungsbürgschaften
Der klassischste Fall in der Baupraxis neben § 648a BGB ist die Vereinbarung von Zahlungsbürgschaften. Ohne Vereinbarung steht dem Auftragnehmer keine Zahlungsbürgschaft zu. Häufig werden 10% der vereinbarten Vergütungssumme zugrunde gelegt. Der Vorteil gegenüber § 648a BGB besteht darin, dass - Ausnahme, es ist in der Bürgschaft vorgesehen - kein anerkannter Anspruch oder aber ein vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil als Anspruchsvoraussetzung vorliegt. Schadensersatzansprüche können bei einem entsprechenden Sicherungsumfang umfasst sein. Der Sicherungsumfang der Bürgschaft muss jedoch akribisch überprüft werden, insbesondere inwieweit Schadensersatz, aber auch Nachträge umfasst sind.
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