Was passiert beim Auftragnehmer bei Abschluss eines Bauvertrages?

  • Über die Auftragsvergabe entscheidet der Preis
  • Kalkulation des Auftragnehmers ist nicht immer seriös
  • Nachtragsmanagement soll für Rentabilität des Auftrags sorgen

Größere Bauaufträge fallen in aller Regel nicht vom Himmel.

Auch wenn die Zahl der großen Baufirmen, die in der Lage sind, auch größte Bauvorhaben abzuwickeln, in letzter Zeit in Anbetracht einiger spektakulärer Firmenpleiten kleiner geworden ist, so ist das Gerangel um die großen Aufträge nach wie vor groß.

Nachdem die großen Baufirmen ohnehin kaum mehr eigenes gewerbliches Personal zur Abwicklung von Bauleistungen vorhalten, sondern sich vielmehr auf Managementleistungen verlegt haben, kommen mehr und mehr auch Mittelständler auf den Geschmack und machen mit einer wesentlich schlankeren Kostenstruktur den großen etablierten Baufirmen unerwünschte Konkurrenz.

In aller Regel muss sich heutzutage demnach eine Baufirma bei der Akquisition eines Bauauftrages dem Wettbewerb stellen.

Der Preis entscheidet über den Auftrag

Bei Auftragsvergabe durch einen privaten Auftraggeber steht dabei nach wie vor der Preis als das entscheidende Kriterium im Vordergrund.

Die Sache muss sich schließlich rechnen und für eine Maximierung des Ertrages am Ende der Tage ist auch noch kein Mitarbeiter oder auch Vorstand auf Auftraggeberseite gescholten worden.

Bei Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand liest sich dieser Vorgang etwas anders.

Der Zuschlag nach öffentlicher Ausschreibung soll auf das „wirtschaftlichste“ Angebot erteilt werden.

Die entsprechenden Vergabevorschriften sehen neben dem Preis auch weiche Faktoren wie Umwelteigenschaften, Ästhetik, und Kundendienst als Zuschlagskriterien vor.

Auch die öffentliche Hand muss sparen

In der Praxis verfehlt dieser gesamtheitliche Ansatz aber in aller Regel sein Ziel.

Natürlich wird auch von der öffentlichen Hand in den allermeisten Fällen der Zuschlag auf das günstigste Angebot, den niedrigsten Preis erteilt.

Diese Systematik ist den ausführenden Firmen natürlich nicht verborgen geblieben.

Ziel eines jeden Angebotes ist es demnach, einen günstigeren Preis als die Konkurrenz zu bilden und den Auftrag auf diesem Weg zu ergattern.

Und in dieser Situation setzt auf Auftragnehmerseite ein Prozess ein, der mit solidem Kaufmannsgebaren oft nichts mehr zu tun hat.

Wie wird der Angebotspreis beim Auftragnehmer gebildet?

Es wird nämlich oft nicht mehr Position für Position eines hoffentlich vorliegenden Leistungsverzeichnisses durchkalkuliert, sondern allzu oft werden Preise abgeben, die zum Teil auf Erfahrungswerten beruhen, zum Teil von eingeschalteten Nachunternehmern als vorläufig gültig benannt wurden, zum Teil auf bloßen Spekulationen beruhen und – der wohl krasseste Fall – zum Teil werden auch „politische“ Preise gebildet, von denen man schon im Zeitpunkt der Angebotsabgabe weiß, dass sie nicht auskömmlich sein werden.

All dies wird gerechtfertigt durch das eine große Ziel der Auftragserteilung.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Angebotsfristen in aller Regel so kurz bemessen sind, dass eine solide Kalkulation nahezu ausgeschlossen ist.

Ergänzende Vertrags- und Kalkulationsunterlagen, die von Auftraggeberseite zwar in letzter Minute, dafür aber in Leitz-Ordner-Stärke übergeben werden, tun ihr übriges dazu, dass die Preisbildung eines größeren Bauvorhabens oft mehr einer Lotterie als einer soliden Angebotsbildung gleicht.

Nachtragsforderungen sollen unauskömmlichen Werklohn aufbessern

Hin und wieder soll es danach vorgekommen sein, dass einem Auftragnehmer bei Mitteilung der Zuschlagserteilung ein ordentlicher Schreck in die Glieder gefahren ist, wusste er zu diesem Zeitpunkt doch als einziger um die „Qualität“ der von ihm vorgenommenen Auftragskalkulation.

Ein nicht unerheblicher Prozentsatz der in Deutschland vergebenen Bauaufträge dürfte demnach im Zeitpunkt der Auftragserteilung preistechnisch eine Unterdeckung aufweisen.

Das muss aber noch lange nicht bedeuten, dass die Baufirma mit dem Auftrag tatsächlich auch einen Verlust erleidet.

Wozu gibt es schließlich Sachverständigenbüros, die sich auf nichts anderes spezialisiert haben, als nachträgliche und zusätzliche Vergütungsforderungen des Auftragnehmers zu begründen und durchzusetzen.

Auch bei der Vergabeverhandlung geht der Kleinkrieg zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer weiter. Mehr dazu hier.