Vertragliche und gesetzliche Sicherheiten für die Vertragspartner

  • Sowohl der Bauherr als auch das Bauunternehmen haben ein Sicherungsbedürfnis
  • Eine Sicherheit wird oft durch eine Bürgschaft gestellt
  • Faire Bedingungen verhindern Unwirksamkeit der Sicherheit

Die Durchführung eines jeden Bauvorhabens bringt sowohl für die ausführende Firma als auch für den Besteller des Werkes nicht kalkulierbare Risiken mit sich.

Ein Teil dieser Risiken rührt aus der Unkenntnis über die wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweils anderen Vertragspartners her.

Sowohl bei planmäßigen Bauablauf, aber auch vor allem bei Störungen in der Bauabwicklung können beträchtliche Forderungsbeträge entstehen, die von der jeweils anderen Vertragsparteien zu begleichen sind.

So belaufen sich alleine Abschlagszahlungsforderungen bei größeren Bauvorhaben schnell auf einen zweistelligen Millionenbetrag, auf der anderen Seite können Gewährleistungsansprüche des Bestellers ungeahnte finanzielle Ausmaße annehmen.

Man ist jedenfalls auf einen zahlungskräftigen Vertragspartner angewiesen und man sollte sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Auftragnehmerseite tunlichst Sorge dafür tragen, dass man für den Fall gerüstet ist, dass der eigentlich zahlungspflichtige Vertragspartner nicht zahlen will, oder - wesentlich wahrscheinlicher - nicht zahlen kann.

Bauherr hat ein Sicherungsbedürfnis

Ein finanzielles Fiasko lässt sich in diesen Fällen dann vermeiden, wenn man rechtzeitig daran gedacht hat, bei seinem Vertragspartner Sicherheiten für die Erfüllung der eigenen Ansprüche einzuholen.

Das Sicherungsbedürfnis des Auftraggebers ist dabei zumindest zum Teil bereits durch die werkvertragliche Vorleistungspflicht des Werkunternehmers abgedeckt.

Der Auftraggeber kann bei Vorliegen der Voraussetzungen jederzeit mit Ansprüchen aus Verzug oder Schlechtleistung gegen die Werklohnforderungen des Auftragnehmers aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.

Ist allerdings das Maß der vom Auftragnehmer bereits erbrachten Vorleistungen eher überschaubar, dann hilft dem Auftraggeber ebenfalls nur die vertragliche Vereinbarungen und nachfolgende Hereinnahme einer entsprechenden Sicherheit.

In gleicher Weise ist dem Auftragnehmer von Beginn an zu raten, für die Sicherung seiner - in erster Linie - Werklohnansprüche eine Sicherheit hereinzunehmen.

Gerade der Auftragnehmer ist besonders schutzbedürftig, da er ohnehin immer Vorleistungen erbringen muss, für die er im Insolvenzfall seines Auftraggebers in aller Regel keine Vergütung erhält.

Wie kann Sicherheit geleistet werden?

Sicherheiten können dabei beispielsweise in Form von Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, Garantieerklärungen Dritter, Sicherungsabtretungen, Patronatserklärungen, oder, und diese Art der Sicherung ist im Geschäftsverkehr am weitesten verbreitet, durch Bürgschaftserklärungen von Banken oder Kreditversicherungen gestellt werden.

Beide Vertragsparteien können wesentlich entspannter an die Abwicklung des Bauvorhabens gehen, wenn beispielsweise jede Seite im Besitz einer Vertragserfüllungs- bzw. Zahlungsbürgschaft ist, die über zehn Prozent der vereinbarten Bausumme lautet.

Jegliche Vertragserfüllungs-, Rückforderungs- oder Vergütungsansprüche sind dann bis zum Zeitpunkt Abnahme in verhältnismäßig beruhigender Höhe insolvenzfest gesichert.

Dem Sicherungsbedürfnis von Verbrauchern als Auftraggebern kommt seit dem 01.01.2009 das Gesetz entgegen.

Bei Verbraucherbauverträgen, die auf die Errichtung oder den Umbau eines Hauses gerichtet sind, hat der Auftraggeber nämlich mit Leistung der ersten Abschlagszahlung seit dem 01.01.2009 einen Anspruch einer 5%igen Vertragserfüllungssicherheit durch den Werkunternehmer, § 650m BGB.

Diese Sicherheit muss sogar kraft Gesetz vom Werkunternehmer um weitere 5% erhöht werden, wenn sich sein Vergütungsanspruch infolge von Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages (Nachträge!) um mehr als 10% erhöht.

Bürgschaft auf erstes Anfordern ist immer kritisch

Dabei sollten beide Vertragsparteien davon Abstand nehmen, sich Bürgschaften "auf erstes Anfordern" auszubedingen.

Solche Bürgschaften dienen bei weitem nicht nur dem ursprünglichen Zweck der Insolvenzsicherung, sondern werden in der Praxis vor allem als "Gestaltungsmittel" eingesetzt werden, um Druck auf den jeweiligen Vertragspartner auszuüben.

Zahlungen müssen bei Bürgschaften auf erstes Anfordern vom jeweiligen Bürgen grundsätzlich ohne Prüfung der Frage geleistet werden, ob die aufgestellten Forderungen überhaupt berechtigt sind.

Die VOB/B enthält vor diesem Hintergrund einen Programmsatz, wonach der Auftraggeber vom Auftragnehmer generell keine Bürgschaft auf erstes Anfordern verlangen kann, § 17 Abs. 4 VOB/B.

Und auch die Gerichte haben in dieser Frage reagiert.

Die in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Forderung nach Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ist in Bezug auf Gewährleistungsbürgschaften seit dem Juni 1997 und hinsichtlich Vertragserfüllungsbürgschaften seit dem April 2002 vom BGH als höchsten deutschen Zivilgericht unter bestimmten Voraussetzungen für unwirksam erklärt worden.

Bürgschaften kosten Geld

Wenn die Sicherheiten in Form von Bürgschaften übergeben werden, sollte man nicht vergessen, dass solche Aval-Kredite von Banken in Zeiten von Basel II durchaus nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Vor diesem Hintergrund sollte bei größeren Bauvorhaben im Bauvertrag unbedingt vereinbart werden, dass die Bürgschaften gestaffelt nach Baufortschritt an den Vertragspartner zurückzugeben sind.

Für den Bauherrn ist es neben einer Vertragserfüllungssicherheit ein zwingendes Muss, eine zusätzliche Sicherheit für die Zeit der Gewährleistung zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen hereinzunehmen.

In aller Regel wird bei größeren Bauvorhaben ein zum Schluss des Bauvorhabens zurückgestellter Bareinbehalt von meist fünf Prozent gegen die Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft ausgetauscht.

Bei Vereinbarung der VOB/B in der neuesten Fassung sollte man als Auftraggeber an dieser Stelle darauf achten in den Vertrag eine Vereinbarung aufzunehmen, wonach die Gewährleistungsbürgschaft tatsächlich erst nach Ablauf der Gewährleistungszeit (meist fünf Jahre) zurückzugeben ist.

Wann muss die Bürgschaft zurückgegeben werden?

Anderenfalls eröffnet nämlich die in der VOB/B vorgesehene Regelung dem Auftragnehmer die Möglichkeit, eine nicht verwertete Bürgschaft bereits nach Ablauf von nur zwei Jahren zurückzufordern.

Ebenfalls sollte im Bauvertrag geklärt werden, dass die Forderung aus der Bürgschaft nicht vor der gesicherten Hauptforderung verjährt.

Anderenfalls kann es einem passieren, dass man kurz vor Ablauf der in der Regel fünfjährigen Gewährleistungszeit eine Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch nehmen will, die Forderung aus der Bürgschaft aber - mangels abweichender vertraglicher Regelung - bereits nach der gesetzlichen Regelfrist von nur drei Jahren verjährt ist.

Wie kann sich der Unternehmer absichern?

Über vertraglich vereinbarte Sicherheiten hinaus sieht das Gesetz für den Bauunternehmer zur Abmilderung der ihm obliegenden Vorleistungspflicht zur Sicherung seiner Zahlungsansprüche verschiedene Sicherungsmittel vor.

So kann der Unternehmer eines Bauwerkes die Eintragung einer Sicherungshypothek für bereits geleistete Arbeit nebst Auslagen am Baugrundstück des Bestellers verlangen, § 650e BGB.

Zentrale Voraussetzung für das Forderungsrecht des Auftragnehmers nach einer Sicherungshypothek ist hier die Identität von Auftraggeber einerseits und Eigentümer des Grundstücks andererseits.

Beide zuletzt Genannten müssen im Zeitpunkt der Forderung nach einer Sicherungshypothek rechtlich dieselbe Person sein.

Bauunternehmer kann 10 Prozent seines Vergütungsanspruchs als Sicherheit verlangen

Alternativ hierzu kann - grundsätzlich unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen - nach § 650f BGB vor und nach Abnahme des Werkes die Stellung einer sonstigen Sicherheit für vom Auftragnehmer zu erbringende Leistungen gefordert werden.

Dieses zuletzt genannte Recht des Bauunternehmers, vom Besteller zu jedem Zeitpunkt, sogar nach Abnahme des Bauvorhabens, eine Sicherheit zu verlangen, kann auch nicht durch vertragliche Vereinbarungen ausgeschlossen oder auch nur eingeschränkt werden.

Der Höhe nach kann der Auftragnehmer eine Sicherheit bis zur Höhe des voraussichtlichen, auch zusätzlichen (Nachträge!) Vergütungsanspruchs zuzüglich 10% Nebenforderungen verlangen.

Gegenansprüche des Auftraggebers werden nur dann bei der Bemessung der Höhe der Sicherheit berücksichtigt, wenn sie entweder unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind.

Die Kosten der Sicherheit (hier vor allem die Avalgebühren) hat allerdings der Auftragnehmer bis zu einer Höhe von 2% des geforderten Sicherheitsbetrages zu bezahlen.

Rechtsfolgen der Nichterfüllung des Sicherungsverlangens

Leistet der Auftraggeber die Sicherheit nicht, hat der Auftragnehmer zunächst seinerseits ein Leistungsverweigerungsrecht.

Verstreicht auch eine vom Auftragnehmer gesetzte Nachfrist, ohne dass der Auftraggeber die Sicherheit zur Verfügung gestellt hat, hat der Auftragnehmer sogar die Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen.

Statt Leistungsverweigerung und Kündigung kann der Auftragnehmer seit dem 01.01.2009 aber auch wahlweise seinen Anspruch auf die Sicherheit realisieren.

Eine andere gesetzliche Vorschrift sieht vor, dass der Auftragnehmer seine Leistung zurückhalten darf, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach Vertragsabschluss wesentlich verschlechtern, § 321 BGB.

Leistungsverweigerungsrecht bei Vermögensverschlechterung

Dieses Leistungsverweigerungsrecht entfällt erst dann wieder, wenn der Auftraggeber entweder seinerseits seine Gegenleistung erbracht hat oder alternativ dem Auftragnehmer eine Sicherheit für seine Forderungen stellt.

Wichtig ist, dass die Vermögensverschlechterung erst nach Vertragsschluss eingetreten sein darf.

Das Vorliegen einer Vermögensverschlechterung wurde von den Gerichten beispielsweise bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Auftraggebers, bei Hingabe ungedeckter Schecks durch den Auftraggeber oder bei Ablehnung eines wichtigen Kredits für den Auftraggeber angenommen.

Ein altes Gesetz mit zuweilen heftigen Auswirkungen

Weiter sei hier das Gesetz zur Sicherung von Bauforderungen erwähnt, mit dessen Hilfe der Auftragnehmer unter bestimmten Voraussetzungen bereits verloren geglaubte Forderungen doch noch realisieren kann.

Empfänger von Baugeld sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes dazu verpflichtet, diese Mittel zur Befriedigung solcher Personen zu verwenden, die aufgrund eines Werkvertrages an der Herstellung des Baus beteiligt sind.

Baugeld sind nach dem Gesetz Fremdmittel, die zum Zweck der Bestreitung der Baukosten gewährt werden und an dem Baugrundstück durch Eintragung einer Hypothek oder Grundschuld gesichert sind.

Zweckwidrige Verwendung von Baugeld

Wird Baugeld zweckwidrig eingesetzt, dann kann der Empfänger des Baugeldes (z.B. der Bauherr oder der Generalübernehmer) persönlich für die Ansprüche der ausführenden Firma in Anspruch genommen werden.

Für diverse Geschäftsführer von eher dubiosen GmbHs (und zukünftig Ltd. oder BV), die Baugeld in Empfang genommen aber nicht entsprechend weitergeleitet hatten, hat es aufgrund des Gesetzes zur Sicherung von Bauforderungen bereits wiederholt ein eher unangenehmes Erwachen gegeben.

Kann man sich gegen Insolvenz am Bau versichern?

Eine alternative und vom Austausch von Bürgschaften losgelöste Sicherungsform für den Bauherrn hat die Versicherungswirtschaft ersonnen.

Danach besteht namentlich bei einem holländischen Versicherungsunternehmen die Möglichkeit, gegen Zahlung einer Prämie in Höhe von ca. 1,5 % der Bausumme die Insolvenz des ausführenden Unternehmens zu versichern. Bei Konkurs des Bauunternehmens wird das Bauvorhaben mit Hilfe der Versicherung fertig gestellt.

Der Abschluss einer solchen Versicherung setzt allerdings voraus, dass das ausführende Unternehmen eine kritische Überprüfung seitens der Versicherungsunternehmens übersteht.

Dem Vernehmen nach scheitert eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Unternehmen an dieser Überprüfung. Wer die Prüfung allerdings erfolgreich absolviert, hat gleichzeitig einen nicht zu unterschätzenden Marketing-Vorteil auf seiner Seite.

Eine rundum sorglos Versicherung gibt es jedoch auch hier nicht.

So ist gegen ein Versicherungsunternehmen, das seit dem Jahr 2000 vollmundig eine "Vollkaskoversicherung" für den Bauherrn für den Fall des Konkurses des ausführenden Unternehmens versprochen hatte, nunmehr im September 2003 seinerseits Insolvenzantrag gestellt worden.

Der Geschäftsbetrieb des Unternehmens ist vorläufig eingestellt...