Streitverkündung - Wie binde ich einen Dritten an das Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens?

Manchmal ist es für den Auftraggeber bei Vorliegen von Gewährleistungsmängeln schwierig zu beurteilen, wer die Mängel verursacht hat.

Vor Durchführung eines Prozesses und der Einholung des damit meist zwangsläufig verbundenen Sachverständigengutachten gibt es zuweilen eine ganze Palette von möglichen Mangelverursachern. So kommen häufig die am Bau beteiligten Firmen ebenso in Betracht wie Architekten, Statiker oder sonstige Fachplaner. Ist der Auftraggeber überzeugt davon, dass mehrere oder sogar alle Anspruchsgegner - jeder für sich allein - die volle Verantwortung für die aufgetretenen Mängel tragen, dann wird und muss man auch alle in Frage kommenden Beteiligten im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens auf Beklagtenseite in Anspruch nehmen.

Ist jedoch davon auszugehen, dass nur einer der am Bau Beteiligten den Mangel verursacht hat, weiß man aber nicht, wer der Verantwortliche ist, dann besteht im Rahmen einer sogenannten Streitverkündung die Möglichkeit diejenigen an das Prozessergebnis zu binden, die vielleicht erst in zweiter oder dritter Linie als Mangelverursacher verdächtigt werden.

Ebenso kann es für den Auftragnehmer im Rahmen eines Gerichtsverfahrens ein Bedürfnis dafür geben, Dritte in das Verfahren mit einzubeziehen und vor allem an das Ergebnis des Verfahrens zu binden. Ist man beispielsweise als Auftragnehmer, der auf Beseitigung von Mängeln vom Auftraggeber in Anspruch genommen wurde, der Überzeugung, dass die Verantwortung für die Mängel, wenn überhaupt, dann bei dem eigenen Subunternehmer oder Baustofflieferanten zu suchen ist, dann tut man gut daran, diese ebenfalls im Rahmen einer Streitverkündung in das laufende Verfahren einzubeziehen.

Mittels einer Streitverkündung stellt man sicher, dass im Falle eines für die eigenen Interessen ungünstigen Prozessausgangs mögliche Rückgriffsansprüche bei anderen Beteiligten durchgesetzt werden können. Sinn einer Streitverkündung ist ebenfalls, dem Dritten eine aktive Beteiligung an dem laufenden Gerichtsverfahren zu ermöglichen, damit dieser seine eigenen Interessen wirksam wahrnehmen kann.

Sinnvollerweise sollte eine Streitverkündung möglichst in einem sehr frühen Prozessstadium erfolgen, damit dem Dritten eine wirksame Interessenwahrnehmung ermöglicht wird. Zulässig ist eine Streitverkündung aber grundsätzlich während der gesamten Prozessdauer bis hin zu einer rechtskräftigen Entscheidung.

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Streitverkündung ist zunächst die Anhängigkeit eines Rechtsstreits oder eines Beweissicherungsverfahrens bei Gericht. Für den Fall eines für die eigenen Interessen ungünstigen Verfahrensausgangs muss derjenige, der den Streit verkündet hat, gegen den dritten sogenannten Streitverkündungsempfänger seinerseits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung haben. Bezogen auf die oben dargestellten Beispiele bedeutet dies: Der Auftraggeber, der gegen den Auftragnehmer auf Mangelbeseitigung klagt, hat im Falle einer Niederlage jedenfalls einen Gewährleistungsanspruch gegen beispielsweise den Architekten als eigentlichen Mangelverursacher. Oder: Der Auftragnehmer, der in einem Mangelbeseitigungsprozess gegen den Auftraggeber unterliegt, kann bei seinem Subunternehmer als eigentlich Verantwortlichem Regress nehmen.

Die Streitverkündung selber ist durch Benachrichtigung des am Verfahren bisher Unbeteiligten zu bewerkstelligen. Diesem sogenannten Streitverkündungsempfänger wird über das Gericht ein Schriftsatz zugestellt, in dem er über den aktuellen Stand des Verfahrens und den Grund für die Streitverkündung (Regressansprüche) in Kenntnis zu setzen ist. Sinnvollerweise sollte man zur Information des Streitverkündungsempfängers die Klageschrift, die Klageerwiderung und sonstige bisher gewechselte Schriftsätze in Kopie befügen, damit sich der Dritte ein Bild von dem bisherigen Verlauf des Verfahrens machen kann. Dieser Streitverkündungsschriftsatz wird dem Dritten von Amts wegen zugestellt.

Als Empfänger eines solchen Streitverkündungsschriftsatzes hat man drei mögliche Entscheidungsalternativen. Man kann dem Streitverfahren entweder auf Seiten desjenigen, der einem den Streit verkündet hat, beitreten und diesen unterstützen. Man kann aber auch, soweit man ein rechtliches Interesse am Obsiegen der gegnerischen Partei hat, auf Seiten des Gegners des Streitverkünders beitreten und diesen unterstützen. Der Beitritt - auf welcher Seite auch immer - ist mittels Schriftsatz bei Gericht zu erklären. Als dritte Handlungsmöglichkeit bleibt dem Streitverkündetem gänzlich inaktiv zu bleiben bzw. zu erklären, dass man dem Streit auf keiner Seite beitritt. Der Rechtsstreit wird dann ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt.

Die Rechtsfolgen einer wirksamen Streitverkündung sind im Falle des Beitritts wie auch des Nichtbeitritts dieselben.

In materiell-rechtlicher Hinsicht wird zunächst die Verjährung von Ansprüchen zwischen Streitverkünder und Streitverkündungsempfänger gehemmt. Solange der Prozess also läuft, muss sich der Streitverkünder grundsätzlich keine Sorgen machen, dass seine behaupteten Regressansprüche gegen den Dritten verjähren.

In formeller Hinsicht ist der Streitverkündungsempfänger in einem möglichen zeitlich späteren Regressprozess mit dem Einwand ausgeschlossen, der Vorprozess, in dem ihm der Streit verkündet wurde, sei vom Gericht unrichtig entschieden worden bzw. der Streitverkünder habe den Prozess mangelhaft geführt. Sämtliche wesentlichen tatsächlichen wie auch rechtlichen Grundlagen, die in dem Vorprozess das Urteil tragen, sind für den Streitverkündungsempfänger in dem Folgeprozess bindend.

Wegen dieser weitreichenden Konsequenzen für den Streitverkündungsempfänger werden ihm auch im Vorprozess umfangreiche Rechte eingeräumt. So kann der Streitverkündungsempfänger im Falle des Beitritts sämtliche Rechtshandlungen vornehmen, die die von ihm unterstützte Partei auch vornehmen könnte. Er kann insbesondere vor Gericht Tatsachen behaupten oder bestreiten, Anträge stellen, seinerseits einem Dritten den Streit verkünden, Rechtsbehelfe ergreifen oder Rechtsmittel einlegen.

Soweit man also als Streitverkündungsempfänger zur tatsächlichen oder rechtlichen Klärung einer Angelegenheit beitragen kann, empfiehlt es sich, dem Verfahren auch beizutreten.