Insolvenz des Auftragnehmers - Welche Rechte hat man als Auftraggeber?

Bedauerlicherweise wird das Wissen um die rechtlichen Folgen einer Insolvenz des ausführenden Unternehmens in heutiger Zeit immer wichtiger. Die Zahl der Insolvenzen von Bau- und Handwerkerfirmen hat während der letzten Jahre stetig zugenommen.

Von dieser Entwicklung betroffen waren dabei bekanntlich nicht nur kleinere Handwerksbetriebe, die den Spagat zwischen immer weiter fallenden Preisen einerseits und konstant bleibenden oder gar steigenden Kosten andererseits nicht mehr zu leisten vermochten.

Auch größere mittelständische Betriebe und Unternehmen der Deutschen Bauindustrie mussten wegen drohender bzw. bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit den Gang zum Insolvenzgericht antreten. Ein Ende dieser Entwicklung ist derzeit nicht absehbar. Die Branche der Insolvenzverwalter boomt. In der Folge sollen daher einige zentrale Punke beleuchtet werden, die es bei einer Insolvenz des ausführenden Unternehmens zu beachten gilt.

Die VOB/B sieht für den Fall der Insolvenz des Auftragnehmers im wesentlichen ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Auftraggeber vor. Der Vertrag kann danach gekündigt werden, wenn der Auftragnehmer seine Zahlungen einstellt oder das Insolvenzverfahren beantragt, eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird. Für reine BGB-Verträge steht man auch hier wieder vor dem Problem, dass das BGB für die Situation der Insolvenz des Auftragnehmers keine ausdrückliche Regelung enthält. Man wird hier jedoch über eine im Falle der Insolvenz fast zwangsläufig eintretenden Verzug des Auftragnehmers über die allgemeinen Regeln (vgl. hierzu das Kapitel über den Verzug auf der Baustelle) ebenfalls unproblematisch zu einer Vertragsauflösung gelangen.

Für die weitere Betrachtung soll hier lediglich auf die Normen der VOB/B abgestellt werden. Für BGB-Verträge wird in gewissem Umfang eine analoge Anwendung gerechtfertigt sein.

Erfährt man danach positiv von der Tatsache, dass der Auftragnehmer seine Zahlungen eingestellt hat, weil er etwa seine eigenen Nachunternehmer oder Mitarbeiter nicht mehr bezahlen kann, oder liegt bereits ein Antrag auf Einleitung des Insolvenzverfahrens vor, dann kann man sich als Auftraggeber von dem Vertrag mittels einer außerordentlichen Kündigung lösen.

Die bereits ausgeführten Leistungen sind zu den vereinbarten Vertragspreisen abzurechnen. Wegen möglicherweise kündigungsbedingt entstehender Mehrkosten stehen dem Auftraggeber Schadensersatzansprüche gegen den Auftragnehmer zu.

Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass man im Falle der Insolvenz des Auftragnehmers die Schadensersatzansprüche, die einem dem Grunde nach zustehen, nicht bei einem potenten Schuldner, sondern bei einem Vertragspartner geltend zu machen hat, der soeben seine Zahlungsunfähigkeit erklärt hat. Spätestens im Falle der Insolvenz des Auftragnehmers zeigt sich daher, ob man im Vorfeld auf die Vertragsgestaltung und vor allem auf die Vereinbarung vertraglicher Sicherheiten Wert gelegt hat.

Der durch eine Insolvenz des Auftragnehmers entstehende Schaden hält sich nämlich erfahrungsgemäß nur dann in Grenzen, wenn man beispielsweise Abschlagszahlungen lediglich streng nach Leistungsstand erbracht, also nicht etwa - in der Insolvenz kaum rückforderbare - Vorauszahlungen geleistet hat. Zur Schadensminimierung trägt weiter die vertragliche Vereinbarung (und später auch tatsächliche Hereinnahme) einer Vertragserfüllungsbürgschaft bei, mit deren Hilfe insolvenzbedingte Mehrkosten und Schäden dann eben nicht bei dem zahlungsunfähigen Bauunternehmer bzw. Handwerksbetrieb, sondern bei der bürgenden Bank oder einem Kreditversicherer geltend gemacht werden können.

Für nach Insolvenz des Auftragnehmers auftretende Gewährleistungsansprüche können - wiederum vertraglich zu vereinbarende - Gewährleistungsbürgschaften von großem Nutzen sein. Der insolvente Auftragnehmer steht hier in aller Regel für entsprechende Mangelbeseitigungsarbeiten nicht mehr zur Verfügung. Man ist dementsprechend darauf angewiesen, die notwendigen Arbeiten entweder selber durchzuführen oder durch dritte Unternehmen ausführen zu lassen. Für den dabei entstehenden Aufwand kann wiederum die Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch genommen werden. Bei größeren Bauvorhaben kann darüber hinaus die vertraglich vorgesehene (und für den Fall der Insolvenz des Auftragnehmers aufschiebend bedingte) vorgesehene Abtretung von Gewährleistungsansprüchen des insolventen Auftragnehmers mit seinen eigenen Subunternehmern hilfreich sein.

Hat man es versäumt, die vorgenannten vertraglichen Sicherungsmaßnahmen wirksam im Vertrag zu vereinbaren, so kann die Insolvenz des ausführenden Unternehmens für den Auftraggeber unter Umständen eine überaus kostspielige Angelegenheit werden. Die dann nämlich noch verbleibende Anmeldung seiner Ansprüche zur Insolvenztabelle dürfte in der Vielzahl der Fälle aufgrund der eher bescheidenen Quote, mit der man in aller Regel nach Durchführung des Insolvenzverfahrens rechnen kann, den Aufwand im Zusammenhang mit der Forderungsanmeldung kaum rechtfertigen.

Wichtig ist im Zusammenhang mit der Insolvenz des Auftragnehmers weiter zu wissen, dass die oben dargestellte Kündigungsmöglichkeit durch den Auftraggeber keine zwangsläufig zu wählende Option darstellt. Es wird ganz im Gegenteil oftmals gute Gründe dafür geben, dass Auftraggeber, Auftragnehmer und Insolvenzverwalter zur Vermeidung eines größeren Schadens nach wirtschaftlich vernünftigen Lösungen suchen und das bereits begonnene Bauvorhaben beispielsweise auch nach Insolvenzantrag gemeinsam zu Ende führen.

Ein solches Wahlrecht des Insolvenzverwalters zur Fortführung eines bereits begonnenen Bauvorhabens sieht die Insolvenzordnung auch ausdrücklich vor. Entscheidet sich der Insolvenzverwalter zur weiteren Fortführung des Bauvorhabens, sind Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag im Rahmen der Verteilung der Insolvenzmasse als sogenannte Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen.

Einzelheiten sind hier im Spannungsverhältnis zwischen Werkvertrags- und Insolvenzrecht noch nicht mit letzter Sicherheit geklärt. Insbesondere bei nur teilweise vom insolventen Auftragnehmer erfüllten Verträgen und der nachfolgenden Entscheidung des Insolvenzverwalters, den Vertrag vollständig zu Ende zu führen, sind Vergütungsfolgen und mögliche Aufrechnungsrechte im Einzelnen umstritten.

Und ebenso wird die Frage, ob man die Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters als Auftraggeber jederzeit (also auch nach Wahl der Erfüllung durch den Insolvenzverwalter) durch eine außerordentliche Kündigung zunichte machen kann, durchaus kontrovers diskutiert. Zur Lösung solcher Probleme sollte zwingend kompetente anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

Wählt der Insolvenzverwalter nicht die Erfüllung des Vertrages oder hat man als Auftraggeber bereits die Kündigung ausgesprochen, sind wechselseitig bestehende Forderungen gegeneinander auszugleichen. Auf Auftraggeberseite können hier folgende Forderungen im Rahmen einer Ver- bzw. Aufrechnung Berücksichtigung finden:

  • Mängelbeseitigungskosten, wobei dringend anzuraten ist, die in der VOB/B vorgesehenen formalen Voraussetzungen einer möglichen Ersatzvornahme auch gegenüber dem Insolvenzverwalter zu berücksichtigen.
  • Mehrkosten, die für die Fertigstellung des Bauvorhabens anfallen;
  • Verzugsschäden bzw. Vertragsstrafen, soweit diese bis zum Tag der Kündigung angefallen sind;
  • Ein Sicherheitseinbehalt, der vertraglich vereinbart wurde, darf auch nach Insolvenz des Auftragnehmers für die vereinbarte Dauer einbehalten werden.